Abtauchen, eine völlig neue Welt entdecken und das in unseren heimischen Gewässern! Genau dieses Gefühl wurde den mehr als 60 Teilnehmenden der Veranstaltung „Tauchen für den Naturschutz“ vermittelt, zu der der NABU Horlofftal am 28.03.2025 im Kulturzentrum Hungen einlud.
Unter der Leitung des erfahrenen Tauchlehrers und Naturschützers Rainer Stoodt wurde durch die NABU- Landesarbeitsgemeinschaft – Tauchen für den Naturschutz nicht nur die Schönheit der heimischen Gewässer erkundet, sondern auch deren aktueller Zustand genau dokumentiert. Stoodt führte die Teilnehmenden durch die heimische Wasserwelt und betonte die Bedeutung des Schutzes der noch relativ jungen Seen, die einst aus mehreren Tagebaulöchern entstanden sind.
Er erklärte die verschiedenen Zonierungen eines Sees und das unter Wasser ohne ausreichendes Licht keine Vegetation existieren kann.
Ein besonderer Schwerpunkt der Veranstaltung lag auf der Dokumentation des Zustands der Gewässer Oberer Knappensee, Barbarasee und Trais Horloffer See. Durch systematische Untersuchungen wurden wichtige Erkenntnisse über die Wasserqualität, die Fauna und Flora sowie mögliche ökologische Herausforderungen gewonnen.
Naturparadies Oberer Knappensee: Ein verborgenes Juwel unter Wasser
Rainer Stoodt berichtete begeistert von der Erkundung des Oberen Knappensees, eines beeindruckenden Gewässers mit einer Tiefe von bis zu 40 Metern. Besonders faszinierend ist die Unterwasserlandschaft: Bis in eine Tiefe von 12 Metern erstrecken sich ausgedehnte unterseeische Wiesen, die einen einzigartigen Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten bieten.
Am Ufer und in den Flachwasserzonen zeigen sich den Naturschutztauchern eine beeindruckende Artenvielfalt. Hier gedeihen verschiedene Laichkräuter, die nicht nur zur natürlichen Regeneration des Sees beitragen, sondern auch als Schutz- und Laichplatz für zahlreiche Fischarten dienen. Ein besonderes Highlight seiner Beobachtungen waren die Edelkrebse, die im klaren, lichtdurchfluteten Wasser des Sees ideale Bedingungen vorfinden. Diese geschützten Tiere sind ein Indikator für die hohe Wasserqualität und die naturnahe Bewirtschaftung des Gewässers.
Der Obere Knappensee ist nicht nur ein Paradies für Wassertiere, sondern auch für Libellen und andere Insekten, die auf saubere Gewässer angewiesen sind. Ihre Anwesenheit unterstreicht die intakte Ökologie des Sees.
Die nachhaltige Bewirtschaftung durch den Angelverein ASV Hungen spielt eine entscheidende Rolle beim Erhalt dieses einzigartigen Biotops. Der Obere Knappensee ist damit ein gelungenes Beispiel dafür, wie Natur- und Artenschutz mit nachhaltiger Nutzung in Einklang gebracht werden können. Er bleibt ein wertvolles Refugium für Flora und Fauna und ein beeindruckendes Naturerlebnis für alle, die ihn besuchen.
Barbarasee: Ein See mit ökologischem Handlungsbedarf
Im Vergleich zum Oberen Knappensee zeigt sich der Barbarasee in einem weniger stabilen ökologischen Zustand. Im oberen Bereich des Sees ist der Pflanzenbewuchs gering, stattdessen finden sich flächendeckend Schleimalgen. Deutliche Wühlspuren von Karpfen durchziehen den Seeboden – ein Hinweis auf die Belastung des Gewässers. Diese Fische suchen von Natur aus wühlend nach Nahrung und können dadurch insbesondere in empfindlichen respektive bereits belasteten Gewässern das ökologische Gleichgewicht beeinträchtigen. Der Barbarasee wird gegenwärtig von einem Angelverein aktiv bewirtschaftet. Das gezielte Anfüttern der Karpfen trägt jedoch dazu bei, dass der Druck auf das Ökosystem weiter erhöht wird.
Trais-Horloffer/Inheidener See: Freizeitnutzung und Ökosystem im Gleichgewicht?
Der Trais-Horloffer/Inheidener See ist ein beliebtes Naherholungsgebiet mit hohem Freizeitdruck. Die intensive Nutzung durch Badegäste, Segler und andere Erholungssuchende stellt eine Herausforderung für das ökologische Gleichgewicht des Sees dar. Beim Tauchen wurden vor allem am Rand des Sees zahlreiche Wasserpflanzen gesichtet, die auf eine gute Wasserqualität in den flachen Bereichen mit hinweisen. Gleichzeitig ist viel Phytoplankton vorhanden, wodurch die Sichttiefe eingeschränkt ist und sich Unterwasserpflanzen nur bis in eine Tiefe von etwa vier Metern ausbreiten können. Dies zeigt, dass das Nährstoffangebot im See zu hoch ist und ein ökologisches Gleichgewicht erhalten werden muss. Für diesen See ist der Nährstoffeintrag durch den Köstgraben als einzigen Zufluss deutlich zu reduzieren. Der Trais-Horloffer/Inheidener See steht als stark frequentiertes Erholungsgebiet vor der Herausforderung, Freizeitnutzung und Naturschutz in Einklang zu bringen. Durch kontinuierliche Beobachtung und gezielte Maßnahmen kann sichergestellt werden, dass der Trais-Horloffer/Inheidener See sowohl als Naherholungsgebiet als auch als intakter Lebensraum für Flora und Fauna erhalten bleibt.
Von der Beobachtung zum Handeln
Die untersuchten Seen zeigen deutlich, wie unterschiedlich sich menschliche Nutzung und ökologische Balance auf Gewässer auswirken können. Die Unterschiede der drei Seen wurden mithilfe von Fotos und Videos anschaulich dokumentiert. Diese Materialien bieten wichtige Einblicke in die aktuellen Zustände und unterstreichen die Relevanz eines behutsamen Umgangs mit den Gewässern. Die gewonnenen Ergebnisse wurden an das Rathaus übergeben – in der Hoffnung, dass diese dort aufgenommen und als Grundlage für einen konstruktiven Dialog mit dem für die Bewirtschaftung des Barbarasees zuständigen Angelverein genutzt werden. Ziel sollte es sein, gemeinsam Maßnahmen zu entwickeln, die zur Verbesserung der ökologischen Situation beitragen. Dazu könnten unter anderem eine Reduzierung des Anfütterns, die gezielte Entnahme großer Karpfen sowie ein regelmäßiges Monitoring gehören. Unser Ziel bleibt der Schutz und die nachhaltige Entwicklung unserer heimischen Gewässer – im Idealfall in enger Zusammenarbeit mit allen Beteiligten.
Die sehr gut besuchte Veranstaltung unterstrich die Notwendigkeit weiterer Maßnahmen zum Schutz der Gewässer und förderte den Austausch zwischen Experten und Naturschutzinteressierten. Stoodt gab Tipps für eine Anpassungsstrategie für Gewässer wie z. B. im Einzugsgebiet der Seen Nährstoff- und Pestizideinträge reduzieren, Bewirtschaftungspläne zur Entnahme von Karpfen mit den Angelvereinen zu erarbeiten. Dabei ist das Engagement von Naturschutztauchern unerlässlich. Sie leisten durch Monitoring, Umweltbildung und das Melden invasiver Arten einen wichtigen Beitrag zum Schutz hessischer Seen. Weitere Informationen und Möglichkeiten zur Beteiligung finden sich auf der Webseite www.hessen.naturschutztauchen.org.
Fotos und Text: NABU Horlofftal